Ähnlich wie in Recke scheint man auch in Calberlah die Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung eher als unverbindliche Meinungsäußerung des Verordnungsgebers zu sehen und nicht als das was sie ist: eine Vorschrift. Und diese Vorschrift bezieht zu linksseitigen Radwegen eindeutig Stellung, sieht hier insbesondere innerorts besondere Gefahren und schreibt vor, dass das Befahren in Gegenrichtung "deshalb grundsätzlich nicht angeordnet werden" soll. In Recke hat man dies eingesehen und die im Rahmen der Pannenflicken-Nominierung bemängelten Benutzungspflichten aufgehoben.
Es bleibt abzuwarten, ob dies auch in Calberlah geschieht. Dort führt in sträflicher Missachtung der VwV-StVO entlang der L292/Haupstraße auf einer Länge von etwa 1,5 Kilometern einseitig ein Geh- und Radweg durch den Ort, der für beide Fahrtrichtungen per Zeichen 240 benutzungspflichtig beschildert ist. Radfahrer werden somit in östlicher Richtung zum erwiesermaßen äußerst gefährlichen Geisterradeln gezwungen. Besonders unverständlich erscheint die Benutzungspflicht in Anbetracht der Tatsache, dass auf dem Weg nicht weniger als 45 Einfahrten und Einmündungen zu passieren sind. Mit anderen Worten: man hat statistisch gesehen alle 30 Meter die realistische "Chance", über den Haufen gefahren zu werden.
Der Einsender hatte die zuständige Behörde vor etwa drei Monaten über die unhaltbare Situation informiert und um Abhilfe gebeten. Geschehen ist bisher (Stand: 30.10.2014) nichts. Wir meinen: Dem Radverkehr drohen auf der Fahrbahn keinerlei ungewöhnliche oder außerordentliche Gefahren, der in weiten Teilen ungeeignete Weg dagegen schafft Gefahren, die auf der Fahrbahn nicht vorhanden sind. Die Benutzungspflicht innerorts ist daher rechtswidrig und muss umgehend entfernt werden - und zwar für beide Fahrtrichtungen.
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Nachtrag: Der Initiative Cycleride wurde zugetragen, dass die bemängelte Benutzungspflicht fallen soll. Falls dies tatsächlich (und noch vor der Wahl der Preisträger) geschieht, kann Calberlah aus der Wertung genommen werden.
Nachtrag II: Der Buschfunk hatte recht, denn mittlerweile hat uns der Landkreis Gifhorn darüber informiert, dass die Benutzungspflicht aufgehoben wird:
"Die problematische Radverkehrsführung in der Ortsdurchfahrt Calberlah ist hier bekannt. In Abstimmung mit der Polizeiinspektion Gifhorn und der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr haben wir die Radwegebenutzungspflicht in der Ortsdurchfahrt Calberlah in beide Richtungen aufgehoben.
Die entsprechende verkehrsrechtliche Anordnung ist mit Datum vom 03.12.2014 inzwischen ergangen (siehe Anhang). Laut Auskunft der Gemeinde sind die Schilder am vergangenen Freitag eingetroffen, sodass mit der Aufstellung der Verkehrszeichen in dieser Woche zu rechnen ist."
Für die umgehende und vorbehaltlose Aufhebung der Benutzungspflicht geht hiermit ein herzliches Dankeschön von der Initiative Cycleride an den Landkreis Gifhorn. Gleichzeitig freuen wir uns, dass mit Calberlah ein weiterer Pannenflicken-Kandidat von der Nominiertenliste gestrichen werden kann. Nachfolgend noch der Text der ebenfalls übermittelten verkehrsrechtlichen Anordnung:
"Eine Radwegebenutzungspflicht - insbesondere für den linksfahrenden Radfahrer - kommt gemäß § 45 Abs. 9 StVO nur in Betracht, wo eine Trennung des Radverkehrs vom motorisierten Straßenverkehr zwingend geboten ist. Dies ist bei der vorhandenen Verkehrsstärke in der Ortsdurchfahrt Calberlah mit einer DTV i. H. v. ca. 7.000 Fahrzeugen nicht der Fall.
Die Radwegebenutzungspflicht auf der nördlichen Straßenseite wird nach Abstimmung mit der Polizeiinspektion Gifhorn und der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Geschäftsbereich Wolfenbüttel in der gesamten Ortsdurchfahrt für beide Richtungen aufgehoben. Westwärts ist VZ 240 (Gemeinsamer Geh- und Radweg) durch VZ 239 (Gehweg) i. V. m. ZZ 1022-10 (Radfahrer frei) und ZZ 1000-31 (beide Richtungen) zu ersetzen. Ostwärts ist VZ 240 jeweils durch das alleinstehende Zusatzzeichen 1022-10 auszutauschen. Oberhalb der vorhandenen VZ 205 (Vorfahrt gewähren) in den Einmündungen auf der nördlichen Seite ist das ZZ 1000-32 (Radfahrer kreuzen von rechts und links) anzubringen. Das vorhandene VZ 240 am östlichen Ortsausgang ist in östlicher Richtung unmittelbar hinter die letzte Grundstückszufahrt (Haus-Nr. 83) zu versetzen.
Radfahrer sind damit innerörtlich nicht mehr verpflichtet, den Gehweg zu nutzen. Die Nutzung des Gehweges stellt folglich nur noch ein Angebot dar. Dies ist erforderlich, da der durchschnittliche tägliche Verkehr mit ca. 7.000 Fahrzeugen nicht unerheblich ist, zumal gerade in den Spitzenstunden zu VW-Schichtwechselzeiten mit einem erhöhten Fahrzeugaufkommen zu rechnen ist. Der Gehweg wird daher auch in Gegenrichtung für den Radverkehr freigegeben. Insbesondere älteren Radfahrern soll damit nicht die Pflicht auferlegt werden, die Straße zu benutzen. Der Gehweg auf der südlichen Seite lässt aufgrund zu geringer Breiten keine Freigabe für den Radverkehr zu. Der Gehweg auf der nördlichen Straßenseite ist dagegen in der gesamten Ortsdurchfahrt ausreichend breit. Die Einmündungen auf der nördlichen Seite führen überwiegend in Tempo 30-Zonen und werden überwiegend von Anwohnern genutzt, denen bekannt sein müsste, dass Radfahrer sowohl von links als auch von rechts kommen können. Dies gilt ebenso für die existierenden Grundtstückszufahrten, die in der Summe nicht als verkehrsreich anzusehen sind. Der Gehweg ist darüber hinaus überwiegend rot gepflastert,was neben der Anbringung der ZZ 1000-32 - zusätzliche Aufmerksamkeit beim Autofahrer hervorruft. Laut Auskunft der Polizei führte die bisherige linksseitige Benutzungspflicht nicht zu Unfallauffälligkeiten."