Wie so viele Kommunen „glänzt“ auch der Landkreis Gifhorn fast 17 Jahre nach Abschaffung der allgemeinen Radwegebenutzungspflicht durch Tatenlosigkeit.
Im September 2011 bat ein Cycleride-Mitarbeiter die Kreisverwaltung, ihm die qualifizierten Gefahrenlagen zu erläutern, die in verschiedenen Dörfern dem Radverkehr die Fahrbahnnutzung verbietet. Dort wurden Radfahrer durch angeordnete Zeichen 240 und 241 StVO gezwungen, auf den Bürgersteigen zu fahren, teilweise sogar als „Geisterfahrer“ auf der linken Seite.
Wahrenholz, 2011
Bokenstorf, 2011
Wahrenholz, 2011
Wahrenholz, 2014
Wir erinnern uns: Im Jahr zuvor hatte das Bundesverwaltungsgericht mit einem bemerkenswerten Grundsatzurteil die Anordnung von Zwangsradwegen vom Nachweis eben einer solchen „qualifizierten Gefahrenlage“ abhängig gemacht.
Unser Mitarbeiter wurde hingegen mit einem lapidaren Satz zur ERA 2010 und zur enormen Größe der Kreisfläche abgespeist, die eine Prüfung in der kurzen Zeit nicht zuließ. Dass die Fahrbahnverbote aber schon seit der StVO-Änderung von 1997 hätten überprüft werden müssen, und zwar laufend alle zwei Jahre, darauf wurde gar nicht erst eingegangen.
Als sich fast ein Jahr später noch immer nichts tat, erhob unser Mitarbeiter im August 2012 kurz vor Ablauf der Anfechtungsfrist Klage vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig, denn anderenfalls hätte er keine Möglichkeit mehr gehabt, gegen diese schikanöse Verkehrsregelungen vorzugehen. Ein Widerspruchsverfahren gibt es in Niedersachsen nicht.
Erst jetzt räumte der Landkreis Fehler bei der Beschilderung ein und kündigte Änderungen an. Die verkehrsrechtliche Anordnung zur Entfernung der beanstandeten Verkehrszeichen erfolgte allerdings erst im Oktober 2013, also über ein Jahr nach Klageerhebung. Der tatsächliche Abbau der Schilder dauerte wiederum einige Monate und war erst im Juni 2014 (!) vollzogen. Angeblich sei dies wegen „Unklarheiten bei der Unterhaltungspflicht“ nicht früher möglich gewesen. Nun erst konnte das Gerichtsverfahren eingestellt werden und der Landkreis musste die Kosten des Verfahrens übernehmen (Az: 6 A 232/12).
Das gesamte mühselige Verfahren zog sich damit zwar fast drei Jahre hin, hat sich aber letztlich gelohnt. Immerhin steht dem Radverkehr nun wenigstens in den Dörfern Wahrenholz, Hankensbüttel, Bokensdorf und Grußendorf frei, die Fahrbahn zu nutzen. Ohne Klage würden Radfahrer in diesen Dörfern mit Sicherheit noch heute auf die Bürgersteige gezwungen.
Freilich wäre es uns lieber, die zuständigen Behörden würden rechtswidrige Verkehrsregelungen von sich aus, spätestens nach entsprechenden Hinweisen aus der Bevölkerung, zügig aufheben. Aber dies wird wohl auch in den kommenden Jahren eine kühne Wunschvorstellung bleiben…