Bronzener Pannenflicken 2021/2022
Ein Musterbeispiel, warum die Radwegbenutzungspflicht nicht funktioieren kann
Wendlingen - Köngen / Baden-Württemberg
Die Stadt Wendlingen bildet zusammen mit der Nachbarstadt Köngen einen sehr wichtigen Verkehrsknotenpunkt zwischen Autobahn A8 und Bundesstraße 313. Auch die Bahnlinie Stuttgart - Ulm (S21) führt hier vorbei. Hier wurde viel Geld in die Kfz-Infrastruktur investiert. An manchen Stellen hat man gespart, vor allem bei der Sicherheit für den Radverkehr.
Die bereits Ende 1997 durch die Bundesregierung abgeschaffte allgemeine Radwegbenutzungspflicht hatte zur Folge, dass Radwege und gemischte Rad- und Fußgwege nur in begründeten Ausnahmefällen, nämlich zur Abwendung einer nach sorgfältiger Prüfung nachgewiesenen, durch die Örtlichkeit bedingten, das normale Maß erheblich übersteigenden Gefahrenlage angeordnet werden, wenn keine mildere Maßnahme als das Fahrbahnverbot für Radler möglich ist
und der Radweg vorgegebenen Qualitätsanforderungen genügt
und ausreichender Raum für Fußgänger (ungehinderter Begegnungsverkehr auch mit Kinderwagen oder Rollstuhl) verbleibt. Die Behörden hatten ein Jahr Zeit, die von ihnen verantworteten Radwege zu überprüfen und unzulässige Benutzungspflichten aufzuheben. Die wenigsten sind dieser Obliegenheit nachgekommen.
Linksseitiger Radverkehr gilt als besonders gefährlich und soll daher insbesondere innerorts grundsätzlich nicht angeordnet werden (VwV-StVO). Zudem darf ein Zweirichtungsradweg einen Mindestquerschnitt von 2 m unter keinen Umständen unterschreiten (ebd.; Regelmaß gemäß Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ERA 2010: 3,0 m).
Bei der Verkehrsverbindung auf der Neckarstraße von Wendlingen nach Köngen wurden nahezu sämtliche Vorschriften und Vorgaben missachtet. Das Musterbeispiel zeigt ein Sammelsurium von Behördenversagen und/oder -ignoranz. Wir glauben hier nicht mehr an Zufälle! Es wurden freigegebene Gehwege, benutzungspflichtige Mischwege, reine Gehwege und wieder getrennte, benutzungspflichtige Wege - auch linksseitig - ausgewiesen. Das zeigt: Man ist entweder überfordert, überlastet, schlecht geschult oder man macht so etwas mit Absicht, um dem Autoverkehr freie Fahrt ohne Radfahrer zu verschaffen - auch innerorts. Der Radverkehr scheint die Mühe nicht wert, einen guten Job zu machen, was fast überall im Bund - mit Ausnahme des LKR Steinfurt - üblich scheint. Allerdings birgt das Zusammenspiel von diesen Schildern ein rechtlich erhebliches Risiko für Radfahrer. Mal dürfen sie, mal müssen sie, kurz darauf dürfen sie wieder nicht ... diese gezeigten Wege benutzen!
Deshalb ist in unseren Augen die Radwegbenutzungspflicht eine bundesweit indiskutable Lösung. Es fehlt an eindeutigen Schildern, die Radwege ohne Benutzungspflicht ausweisen, wie es z.B. mit quadratischen Schildern in Österreich ausgeschildert wird. Die Bundesregierung hat leider solche Anträge ebenso abgelehnt wie die vollständige Entkoppelung der Benutzungspflicht von den "Blauschildern" 237, 240 und 241 - siehe auch unsere Petition von 2007.